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Ein herrlicher Sommermorgen erwartete die Tour de Natur auf dem Areal der Turnhalle Am Grimm. In der sehr großen Sporthalle ließ sich bequem übernachten und das weitläufige Außengelände bot schattige und fast schon lauschige Gelegenheiten zum Zelten.
Die erste Teilstrecke führte über 27 km in Richtung Südosten und brachte zwar sommerliche Hitze, aber auch eine schöne Landpartie. Die Göhrde ist das größte zusammenhängende Waldgebiet Norddeutschlands. Und so wurde immer wieder durch Waldungen geradelt, die kühlenden Schatten brachten, ebengleichen spendeten auch die Alleebäume entlang der Straße.
Mit einigen Zwischenstopps wurde die Stadt Dahlenburg erreicht, wo eine Pause eingelegt wurde. Einige Tourteilnehmer entschlossen sich, ab hier den Zug nach Hitzacker zu nehmen und damit der hochsommerlichen Hitze auf der Wegstrecke zu entgehen.
Pause auf dem Marktplatz von Dahlenburg
Nach insgesamt 38 km wurde auf schmaler Straße und mit leichtem Anstieg in das Waldgebiet hineingeradelt, um auf dem Demeter-Hof Tangsehl zur Mittagspause Rast zu machen. Die Hofgemeinschaft baut Gemüse (auf Freiland und in Gewächshäusern) und Kartoffeln nach den Richtlinien der biologisch-dynamischen Landwirtschaft (Demeter) an. Zudem werden Milchkühe gehalten und Kälber aufgezogen. Die Milch wird in der hofeigenen Käserei weiter verarbeitet.
Am Kälberstall schauen die Kälber den Menschen zu beim Zuschauen
Als Wirtschaftsform konnte eine Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi bzw. CSA: Community Supported Agriculture) aufgebaut werden. Die Mitglieder geben monatliche Festbeträge an die Hofgemeinschaft und werden von dieser mit Gemüse, Milch- und Fleischprodukten über das ganze Jahr versorgt. Zudem wird ein Hofladen betrieben. Vielleicht liegt in dieser Verknüpfung von nachhaltiger und auf dem Betrieb verbundener Acker- und Viehwirtschaft mit einer Gemeinschaft von Kunden, die zugleich Unterstützer der Hofgemeinschaft sind, die einzige Zukunft unserer Lebensmittelversorgung. Sicher ist jedenfalls, dass die vorherrschende industrielle Land- und Viehwirtschaft mit deren Einsatz von Kunstdünger, Pestiziden und Insektiziden sowie Hormonen und Antibiotika unsere Lebensgrundlagen ebenso ruiniert wie die zukünftige Ernährung der Menschheit.
Die Tour de Natur möchte mit ihrem alljährlich zweiwöchigen Experiment einer selbstorganisierten Gruppenreise ,mit Vollpension‘ auch zeigen, wie eine nachhaltige Lebensweise praktiziert werden kann. Fläming Kitchen versorgt die Tourteilnehmer täglich mit drei Mahlzeiten, deren Bestandteile soweit wie möglich aus ökologisch vertretbarer Herstellung stammen. Eine vegane Küche wird geboten, weil diese Ernährung am meisten die Ressourcen der Erde schont und zudem vollwertig ist. Und auch in sozialer Hinsicht wird damit jene Ernährungsrichtung angeboten, die von den meisten sich der Nachhaltigkeit und Gesundheit verpflichtenden Menschen akzeptiert werden kann.
So betrachtet, besteht auch eine gewisse Spannung zwischen veganer sowie damit maximal ressourcenschonender Ernährung und der Wirtschaftsweise von Demeter-Höfen. Die biologisch-dynamische Landschaft setzt auf den Kreislauf von Fruchtanbau zur Tierfütterung und auf den Einsatz des Tierdungs im Fruchtanbau. So wird unweigerlich, jedoch auf höchstem Qualitätsniveau auch Milch- und Fleischproduktion betrieben, die tierische Ernährungsprodukte liefert, für die wiederum Abnehmer und somit Esser benötigt werden. Eine rein vegane Kundschaft ließe diese Landwirtschaftsweise scheitern.
Allerdings gibt es mittlerweile auch Zwischenformen, die die Tour de Natur auf früheren Reisen schon besucht hat. So war die Tour zu Gast bei einer Demeter-SoLaWi in der Schöppenstedter Mulde, die überwiegend als Gartenbaubetrieb arbeitet und ausschließlich Gemüse anbaut.
Ähnlich widersprüchliche Konstellationen ergeben sich, wenn Tiere in der Landschaftspflege eingesetzt werden, was bei der Schafsbeweidung von Deichen oder Heideflächen der Fall ist. Selbst wenn die Schafsmilch nicht gemolken wird, findet hier Fleischproduktion statt. Auf der letztjährigen Tour konnte das damit aufkommende ,Verwertungsproblem‘ sehr eindrucksvoll im Naturschutzgebiet Franzigmark in Halle, erfahren werden. Ohne eine Schafsbeweidung wären die dortigen Trockenrasenflächen nicht offen zu halten. Aber das Fleisch der zu schlachtenden Schafe – solch eine Herde kann nicht beliebig groß und deren Schafe nicht beliebig alt werden – lässt sich kaum vermarkten. Und die Veganer gehören in diesem Fall mit zum Verwertungsproblem.
Mittagsrast auf dem SoLaWi-Hof Tangsehl
Einen interessanten und liebevoll von den Dorfbewohnern vorbereiteten Zwischenstopp legte die Tour de Natur in Leitstade ein, an dem Bahnhof gleichen Namens, der an der Wendlandbahn liegt, die von Lüneburg nach Dannenberg führt, unzureichend instand gehalten wird und die in einem ärgerlichen „Drei- bis Vierstundentakt“ fährt. Für sieben umliegende Dörfer und deren insgesamt 1.500 Einwohner (davon 45 Schulkinder) ist dieser Bahnhof die einzige wirkliche ÖPNV-Anbindung an die Region Lüneburg und damit auch an den Großraum Hamburg. Die Bahn will einen Zweistundentakt einrichten, dafür sollen aber der Bahnhof Leifstade und zwei weitere Halte im Landkreis Lüneburg geopfert werden. Dagegen wendet sich die Initiative „Waldbahnhof Leitstade“, die die Tour de Natur über ihre Aktionen nicht nur zur Wiederinbetriebnahme des Bahnhofs (= Haltepunkts), sondern auch zur sog. Wiederertüchtigung der gesamten Bahnstrecke informierte.
Das Verkehrsproblem ist wirklich heikel. Die Attraktivität der Bahnverbindung würde deutlich steigen, wenn die Fahrzeiten verringert und der Takt erhöht würde. Bislang fahren die Züge nur alle drei Stunden, 5 Zugpaare pro Tag. Eine Streckenertüchtigung (z. B. Gleisbettverbesserung, Bahnschranken statt langsam zu überfahrende Bahnübergänge) könnte die Fahrzeit von Dannenberg nach Lüneburg auf unter eine Stunden reduzieren und damit ein Zweistunden-Takt mit dem einen Triebfahrzeug und unter Beibehaltung aller Bahnhalte ermöglichen.
Aktion am Haltepunkt Leitstade
Die Teilnehmer der Tour de Natur wurden von Mitarbeitern der Firma Voelkel, die in ihren Erfrischungsgetränken Demeter-Qualität anbietet, mit durstlöschenden und wohlschmeckenden Säften versorgt. Zudem hatten Mitglieder der Bahnhofsinitiative Kekse gebacken und Rohkoststückchen vorbereitet. Es war wirklich eindrucksvoll zu erleben, wie stark sich die Menschen aus diesen Dörfern für den Erhalt ihres „Waldbahnhofs“ engagieren.
Erfrischungsversorgung - gesponsort von Voelkel
Dann wurde weiter geradelt – nach Hitzacker, d. h. in jene schöne alte Kleinstadt an der Elbe. Bekannt geworden ist Hitzacker auch durch fatale Überschwemmungen der Altstadt beim Elbhochwasser 2006, wobei schon 2002 erhebliche Hochwasserschäden eingetreten waren.
Gastgeber für die Tour de Natur war die Freie Schule - Waldorfschule Hitzacker, die mehrere frisch renovierte Klassenräume in mehreren Gebäuden ebenso zur Verfügung stellte wie das weitläufige und völlig ruhig gelegene Außengelände für das Zelten. Etliche Tourteilnehmer nutzten die Gelegenheit und radelten alsbald weiter in das nahe gelegene Freibad, um sich abzukühlen.
Quartier in der Freien Schule - Waldorfschule Hitzacker
Manche Tourteilnehmer radelten am Abend an die Elbe, um den Fluss und die Auenlandschaft in der Dämmerung zu betrachten.