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Der Aufenthalt in Halle umfasste zwei Tage. An dem heutigen zweiten Tag fanden mehrere Exkursionen und Workshops statt. Und das alles bei ca. 36 Grad im Schatten, also bei bestem Wetter, aber vor allem dann so empfunden wurde, wenn man sich im Schatten aufhalten konnte.
Um 10 Uhr startete die Exkursion zum Umweltzentrum Franzigmark, das oberhalb der Saale zwischen Halle-Trotha und Brachwitz liegt. Maud arbeitet als Biologin in diesem Zentrum und führte uns durch diese faszinierende Heidelandschaft, die eine besondere Vegetation aufweist. Der karstige Untergrund, die geringen Niederschläge und die Beweidung mit Schafen und Ziegen lässt große Trockenrasenflächen entstehen und bestehen, also eine Kulturlandschaft. Hier wachsen angepasste Pflanzen, die wiederum als Wirte für Schmetterlinge und andere Insekten fungieren.
Fahrt hinein in die Franzigmarker Heide
Bei unserer Rundfahrt bzw. dem Rundgang durch das weitläufige Gelände gab es immer wieder Freudenäußerungen, wenn die eine oder andere Pflanze wiedererkannt wurde bzw. einige der zuvor beschriebenen Schmetterlinge identifiziert werden konnten. Und es gab in diesem stark hügeligen Gelände auch einige Stellen, von denen man einen herrlichen Weitblick hat.
Blick über die Heide und das Saaltal bei Wettin
Schließlich stiegen wir auf die Saalefelsen hinauf. Hier steht man auf dem Gesteinsuntergrund, in den sich die Saale über riesige Zeiträume hineingegraben hat. So sind Steilkanten entstanden, die liebevoll die Brachwitzer Alpen genannt werden. In deren warmen Felswänden haben sich exotisch bunt gefiederte Zugvögel angesiedelt, die Bienenfresser.
Auf den Felsen der Brachwitzer Alpen
Maud informiert über die Vogelwelt, hier die Bienenfresser
Am Nachmittag gab es eine Exkursion in die Stadt Halle zum Thema „Nutzen von Freiräumen in Großstädten für selbstverwaltete Projekte", die Ivo leitete. Besucht wurden Projekte des Urban Gardening sowie selbstverwaltete Wohn- und Kulturprojekte. Die Initiative "Hasi" hat ein ehemaliges Verwaltungsgebäude der Gaswerke besetzt und versucht, dieses große Gebäude als Wohngelegenheit und Kulturzentrum zu nutzen. Das gelingt mehr oder weniger gut, denn die technische Infrastruktur dieses einstmals schönen Gebäudes lässt den Winter zu einem ernsten Heizproblem werden.
Erkundet wurde auch die "Kulturwerkstatt Grüne Villa" in der Neustadt. Die Infrastruktur dieses heutigen Stadtteils von Halle hat sich nach der sog. Wende sehr verändert. So berichteten dort Wohnende, dass seinerzeit fast alle Geschäfte in diesem Stadtteil vorhanden waren, zudem auch Dienstleistungen wie z. B. Friseur. Es gab auch ein Theater in diesem letzten städtebaulichen Großprojekt der DDR. Heute, so die Schilderungen der Gesprächspartner, seien die meisten Geschäfte verschwunden und die Kultureinrichtungen gleichermaßen. Das Interesse an einem Gartenprojekt sei eher gering. In Halle Neustadt wohnen immerhin noch 50.000 Menschen, zu DDR-Zeiten waren es deutlich mehr. Heute die Neustadt als Problemstadtteil. An Gartenprojekten besteht nach Auskunft der Kulturwerkstatt kein hinreichendes Interesse bei den Stadtteilbewohnern.
Es gab auch, auf besonderen Wunsch, einen Workshop von Jörg zum „Verkehrswende“, auf der er über eine Vielzahl von direkten und sehr wirksamen Aktionen berichtete.
Großen Zuspruch fand die von Wolli am Nachmittag organisierte Erprobung ungewöhnlicher Räder. So hatten die Tourteilnehmer die Gelegenheit, diverse Lastenräder im Fahrversuch kennenzulernen, dazu auch Liegeräder bzw. die Kombination von Liegerad und Tandem. Interessant war es auch, den Lastenanhänger Carla Cargo auszuprobieren; die Fahreigenschaften begeisterten nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die Kinder, die den Anhänger zu einem ,neu-römischen Streitwagen‘ umfunktionierten, der mit der Deichsel gesteuert und 6 km/h und zwei Gleichaltrigen als Fahrgästen über den Schulhof fuhren.
Mittlerweile ist fast schon ein kleines Flötenorchester auf der Tour zusammengekommen. Die Gruppe nutzte den Nachmittag, um das Zusammenspiel zu erproben.
Und nicht zuletzt: Ein Workshop brachte Ideen für die nächste Tour zusammen, denn: Nach der Tour ist vor der Tour.
Die Schutzherrin der diesjährigen Tour de Natur, Frau Prof. Dr. Claudia Kemfert, hatte einen Abendvortrag zum Thema „Klimaschutz“ angekündigt, musste diesen aber kurzfristig absagen.
Ersatzweise fand das Tourplenum statt. Die meisten Tourteilnehmer sind mit dem Ablauf und der Organisation sehr zufrieden. Was doch sehr zu schaffen macht, ist die große Hitze.
Organisatorischer Hintergrund der Tour de Natur
Wer kümmert sich eigentlich darum, dass nun schon seit 26 Jahren in jedem Jahr diese Fahrraddemonstration stattfinden kann? Eine Kerngruppe von Aktivisten und engagierten Menschen ist fast ein ganzes Jahr damit befasst, die nächste Tour zu vorzubereiten. Es gibt mehrere Vorbereitungswochenenden, in denen Ideen ausgearbeitet werden und in munterer, aber kleinerer Gemeinschaft das Tourleben fortgesetzt wird.
Die Arbeit, die von dieser Gruppe geleistet wird, ist kaum zu überschätzen. Das ahnen viele Tourteilnehmer. Und so gab es auch auf diesem Plenum mehrfach sehr nette Dankesbekundungen. Ganz besonderes Engagement wird immer wieder von den Menschen eingebracht, die einen Streckenabschnitt der Tour ausarbeiten, mit Initiativen vor Ort Kontakt aufnehmen und für die Übernachtungsquartiere sorgen (eine nicht einfach, aber immer wieder auch sehr erfreulich gelöste Aufgabe).
Und wer kümmert sich um all die organisatorischen Belange, wenn die Tour de Natur unterwegs ist. Dazu werden sog. Hüte verteilt. Hier eine kleine Auswahl der Belange, für die Menschen gesucht und gefunden werden, um sich diese Hüte aufzusetzen: Halleneinweisung und morgendliche Reinigung, Kontakt zur Tourküche, Ordner für die Fahrtsicherung, Erste Hilfe, Fahrradreparatur, Tour-Hotline, Schnippelgruppe, Pressearbeit, Funkgeräte- und Lautsprecher, Gesang, Musik, Theater, Anmeldung, Verkauf von Tourmaterial (z. B. Liederbücher, T-Shirts), aktueller Materialeinkauf, Organisation von Plenumsveranstaltungen).
Dass solch ein großes Vorhaben immer wieder gelingt, ist das Ergebnis von persönlicher Initiative und sozialem Zusammenhalt. Vielleicht spüren dies alle Teilnehmer der Tour de Natur immer wieder: So etwas kann man nicht buchen oder kaufen, das muss man finden und mitgestalten.